Landesvermessung und Liegenschaftskataster heute

Die Kenntnis der eigenen Position und die schnelle Orientierung in einem unbekannten Umfeld ist ein menschliches Grundbedürfnis. Die 1818 in Württemberg ins Leben gerufene Landesvermessung hatte darüber hinaus aber noch weitreichendere Ziele: Ein einheitliches Grundsteuerkataster, Rechtssicherheit an Grund und Boden und die Herstellung topographischer Karten.

 

Abb. 1: Das Amtliche Liegenschaftskataster Informationssystem (ALKIS®)
Abb. 1: Das Amtliche Liegenschaftskataster Informationssystem (ALKIS®)

10 Millionen Flurstücke in Baden-Württemberg

Die dafür eingesetzte Technik der Triangulierung (Dreiecksvermessung) basierte auf der Messung von Winkeln und wenigen Strecken (z.B. Strecke: Schloss Solitude - Ludwigsburg). Daraus ließen sich Positionen (Koordinaten) der Dreieckspunkte berechnen und als Grundlage für alle weiteren Vermessungen verwenden.

Die badischen und württembergischen Dreiecksnetze wurden später im Deutschen Hauptdreiecksnetz zusammengefasst. Darauf basiert das einheitliche Liegenschaftskataster - das vollständige Verzeichnis aller Flurstücke im Land. Aktuell werden in Baden-Württemberg rund 10 Millionen Flurstücke im Amtlichen Liegenschaftskataster Informationssystem (ALKIS®) geführt. Der Wert des Liegenschaftskatasters ist unschätzbar, denn neben der Sicherung des Eigentums jedes Einzelnen basieren auf diesem Werk seit nunmehr 200 Jahren unzählige Planungen und Entscheidungen für die Entwicklung unseres Landes.

 

Abb. 2: Hochgenaue Satellitennavigation
Abb. 2: Hochgenaue Satellitennavigation

Vermessungspunkte in 20.000 km Höhe

Die Messgenauigkeit und Wirtschaftlichkeit wurde mit elektronischen Messgeräten und der Einführung der EDV stetig gesteigert. Seit Ende des letzten Jahrtausends durchläuft das Vermessungswesen eine grundlegende Wandlung. Triangulationsnetze und auch die verpflichtende Abmarkung von Grenzpunkten haben ausgedient. Die weltweite Satellitennavigation (GNSS) hat die Vermessung revolutioniert und ermöglicht das schnelle und einfache Positionieren und Navigieren – und das mit sehr hoher Genauigkeit.

Jeder Besitzer eines Smartphones oder eines Autos mit Navigationsgerät weiß, dass die Positionsgenauigkeit mit Hilfe der amerikanischen GPS- oder der europäischen Galileo-Satelliten lediglich bei wenigen Metern liegt. Die Vermessungsverwaltungen haben aber mit dem Satellitenpositionierungsdienst SAPOS® einen Weg gefunden, um diese Genauigkeit deutlich zu steigern (www.sapos-bw.de).

SAPOS® berechnet Korrekturdaten, die per Mobilfunk an jeden registrierten Nutzer verschickt werden. Damit wird die Messgenauigkeit innerhalb von Sekunden von wenigen Metern auf 1-3 cm gesteigert. Die zur Positionsbestimmung notwendigen „Festpunkte“ sind nun also am Himmel in Form von Navigationssatelliten zu finden und ersetzen zunehmend die klassischen Festpunkte am Boden.

 

Abb. 3: UTM-Abbildungssystem
Abb. 3: UTM-Abbildungssystem

 

Mehr Europa – auch in der Landesvermessung

Als logische Konsequenz wurde in Baden-Württemberg Anfang 2018 das europaweit einheitliche Bezugssystem ETRS89 (European Terrestrial Reference System 1989) eingeführt, welches über das globale Universal Transverse Mercator (UTM)-Koordinatensystem abgebildet wird. Die Vielzahl an unterschiedlichen, mit Ungenauigkeiten behafteten Koordinatensystemen gehört damit der Vergangenheit an. Jeder Punkt und jede Fläche lassen sich jetzt europaweit in einem einheitlichen, genauen Bezugssystem beschreiben.

Abb. 4: Hochwassersimulation auf Basis des Digitalen Geländemodells
Abb. 4: Hochwassersimulation auf Basis des Digitalen Geländemodells

 

Lärm- und Hochwassersimulation durch digitale Geländemodelle

Auch im Bereich der Topographie haben Satellitenverfahren Einzug gehalten. Die zeitaufwändige Erkundung der Örtlichkeit durch Vermesser und Kartographen gehört immer mehr der Vergangenheit an. Fernerkundungssatelliten (z.B. das Copernicus Programm) liefern flächenhaft, und in einem kontinuierlichen Turnus von wenigen Tagen, hoch aufgelöste Radarbilder der Land- und Ozeanoberflächen.

Damit optimieren sie die Produktion von Gelände- und Oberflächen­modellen und ermöglichen z.B. die Erstellung von Hochwasser- und Lärmausbreitungssimulationen. Darüber hinaus liefern sie z.B. optimale Standorte für Windkraft- und Solaranlagen oder Mobilfunkmasten und werden für die Detektion von Bodenbewegungen (z.B. in Tagebaugebieten) genutzt.

Abb. 5: Navigation mit amtlichen Geobasisdaten
Abb. 5: Navigation mit amtlichen Geobasisdaten

 

Kostenlose Geodaten für Alle

Moderne Geosensoren, eine große Bandbreite an Satellitendaten und die Möglichkeiten der intelligenten Datenanalyse schaffen Schritt für Schritt eine optimierte Geodatenbasis. Einheitliche Standards machen Geodaten grenzenlos nutzbar, die so zur unverzichtbaren Informationsgrundlage für Klima- und Umweltschutz, nachhaltige Rohstoffversorgung oder Energiewende werden.

Beteiligungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger an raumbezogenen Planungen sind ohne Geodaten nicht denkbar. Kostenfreie Geoportale (z.B. www.geoportal-bw.de) dienen dabei als zentrale Zugangsknoten, in denen nach Geodaten gesucht und diese visualisiert und bezogen werden können. Damit werden Geodaten für Jedermann und für eine Fülle von Anwendungsszenarien einfach und intuitiv nutzbar.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bildrechte:

AdV Arbeitskreis Liegenschaftskataster (Abb. 1), ESA - P.Carril (Abb. 2), Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung (sonstige Abb.)